Oft wird die Einführung von Telematik-Diensten in einem Unternehmen von der Entwicklungsabteilung, dem technischen Support oder den Wartungsteams gefordert und vorangetrieben. Nach ersten Tests und Erfahrungen werden meist neue Geschäftsmöglichkeiten realisiert und das Potenzial von Telematik-Diensten per se als Teil des eigenen Portfolios wird erkannt. Dabei hat die Erweiterung des eigenen Angebotes erheblichen Einfluss auf die Prozesse und internen Strukturen innerhalb einer Firma. Neben der technischen Umsetzung stellt dies die größte Herausforderung für ein Unternehmen dar und bietet dabei völlig neue Chancen.
Technischer Fortschritt als Voraussetzung
Telematik-Dienstleistungen umfassen die Kommunikation, Speicherung, Analyse, Verarbeitung und Übermittlung von Daten auf mobilen Arbeitsmaschinen, zwischen den Maschinen (M2M und zwischen Maschine und einer Infrastruktur wie Internet, Cloud oder einem dedizierten Server) zusammen mit entsprechenden Darstellungen und Auswertungen. Um Telematik-Dienste anbieten zu können, musste zunächst die Technologie für den Datenaustausch über große Entfernungen hinweg verfügbar sein. Dies war in größerem Umfang erst mit der Installation der Mobilfunknetze im späten 20. Jahrhundert möglich. Da mobile Arbeitsmaschinen oft in abgelegenen Gegenden anzutreffen sind, waren Abdeckung und Verfügbarkeit weitere Voraussetzungen. Einen zusätzlichen Faktor stellten die Kosten der Mobilfunkmodule dar. So lag der Preis für ein Modem (mit 2-Band-GSM, einer Datenrate von 9,6 kbit/s und Textnachrichten in Form von SMS) Ende der Neunziger Jahre noch bei über € 100. Heute sind 4-Band-GSM/GPRS/EDGE Modems mit Datenraten bis zu 85,6 kbit/s zu einem Zehntel dieses Preises erhältlich - und eigentlich bereits veraltet. Durch UMTS und LTE sind die Übertragungsraten auf 20 bis 40 Mbit/s bzw. sogar 150 Mbit/s gestiegen, das 15.000-fache dessen, was vor nicht einmal 20 Jahren möglich war. Entscheidend ist auch, dass die Betriebskosten parallel dazu gesunken sind. Es gibt europa- oder sogar weltweite Gebührenmodelle, ohne dass die früher anfallenden immensen Roamingkosten gefürchtet werden müssen. Unerlässlich für den Einsatz in mobilen Arbeitsmaschinen ist schließlich noch die Robustheit der Produkte hinsichtlich Schock, Vibrationen, Staub, Spritzwasser und Temperatur zusammen mit Langzeitverfügbarkeit – Merkmale, die bei den Produkten von Sensor-Technik Wiedemann (STW) garantiert sind.
Eine erfolgreiche Umsetzung
Bei der BAUER Maschinen GmbH in Schrobenhausen wurde ein Telematik-Service entwickelt und installiert, der alle Beteiligten an möglichen Geschäftsprozessen berücksichtigte. Die BAUER Maschinen GmbH, welche Drehbohrgeräte, Schlitzwandgeräte und alle hierfür erforderlichen Werkzeuge konstruiert und baut, ist seit 2001 innerhalb des BAUER Konzerns selbstständig am Markt tätig. Aber BAUER produziert nicht nur Baumaschinen, sondern bietet auch die Bauleistung selbst an. Mit ihrer Tochter BAUER Spezialtiefbau GmbH führt das Unternehmen weltweit Bauprojekte wie Gründungen, Baugruben, Dichtwände und Baugrundverbesserungen durch. Zudem verkauft BAUER gebrauchte Maschinen oder vermietet Ausrüstung. Die Nutzung einer Telematik-Einheit von STW war daher logische Konsequenz. Mit dem Teleservice webBGM (BAUER Geräte Managementsystem) führte das Unternehmen ein System ein, das alle Bereiche ihres Geschäftsmodells inklusive der OEMs abdeckte. Die Bereiche, die involviert sind, umfassen Kundendienst und technische Abteilungen, den Vermieter der Maschinen, die Reparaturwerkstatt, den Bediener der Anlage und die Bauleitung. Beim webBGM wurde besonderes Augenmerk auf Datensicherheit gelegt. Aufgrund der unterschiedlichen Interessengruppen ist eine sorgfältige Zugangsverwaltung absolut notwendig. Dabei wird auch eine Vielzahl unterschiedlicher Auswertungen und Darstellungen angeboten. Die Funktionen reichen von Ferndiagnose und Software-Update via Internet, über die Logistikdienste mit Service-, Materialplanung und Überwachung des Baufortschritts, bis zu Abrechnungen. Dazu kommen natürlich Basisfunktionen wie Diebstahlssicherung und Rückholung gestohlener Maschinen.
Die Revolution
Daten sind die neue Währung. Eine Telematik-Einheit wie die TC3G von STW kann über CANbus mit Sensoren oder Steuerungen kommunizieren, über Drahtlosnetze mit Maschinen in der Umgebung Daten austauschen und damit zunächst viel Information speichern. Diese kann dann über Mobilfunk oder bei vorhandener Infrastruktur über WLAN an entsprechende Server übermittelt und von Diensten wie webBGM genutzt werden. Für ein Unternehmen wie BAUER wird die Unterscheidung auf technologischer Ebene zunehmend schwieriger. Die Einführung von Innovationen ist oftmals ein langer Prozess, der mit hohen Kosten verbunden ist. Aber der Preis eines Produktes ist ein Schlüsselfaktor. Hinzu kommt der Druck von Initiativen wie „Industrie 4.0“, die schnellen Änderungen in der Consumerwelt und die Globalisierung, welche die Verknüpfung von Maschinen und Daten vorantreiben. Eine Missachtung dieser Trends könnte gewisse mobile Arbeitsmaschinen für die Nutzung in Projekten ausschließen. Um die Trends zu unterstützen, wird sich eine neue Klasse von Rechnern und Steuerungen auf den Maschinen etablieren, die ihren Gegenpart im BackOffice oder der Cloud unterstützen. Unternehmen, die sich für komplette Angebote, Lösungen und Dienste entscheiden, werden eine gute Chance haben, einen kompletten Markt zu definieren und zu kreieren – wie es schon in der Musikindustrie, in der Mobiltelefon-Branche oder in der Welt der Uhren geschehen ist oder weiter geschieht. Datenmanagement bietet die Möglichkeit, das Portfolio einer Firma um Dienste zu erweitern. Der Markt ist vorhanden, die Frage ist nur, wer der Erste sein wird? Der Grad der Nutzung von Telematik-Diensten ist also weit mehr als eine technische Frage. Es geht um eine strategische Entscheidung, die jedes Unternehmen sorgfältig abwägen und treffen sollte.