Die Fa. Bernard Krone GmbH gehört zu den weltweit führenden Herstellern im Bereich der Landtechnik und hat mit der Entwicklung des BiG X 480 und des Big X 580 neue Maßstäbe in dieser Leistungsklasse bei Feldhäckslern gesetzt. Mit 489 beziehungsweise 585 PS Motorleistung ermöglichen die modernen Landmaschineneine Vielzahl von Applikationen, unter anderem die Ernte von Maispflanzen zur Erzeugung von Biogas oder Tierfutter. Um die verschiedenen Arbeitsfunktionen von der Hydraulik über Fahrantrieb und Motor bis hin zum Antrieb der Häckseltrommel zuverlässig auszuführen, sind die neuen Feldhäcksler mit mehr als 20 untereinander vernetzten Steuergeräten ausgestattet. Ein Großteil dieser Aggregate ist an ein zentrales Steuergerät angebunden, das eine automatisierte Koordination und Kontrolle der vom Bediener ausgelösten Arbeitsfunktionen und damit einen sicheren Betrieb der Landmaschine ermöglicht. Dabei erfüllen Slave-Module wie die ESX-MBC Motorbrücke, die zusammen mit der Fa. Sensor-Technik Wiedemann (STW) entwickelt wurde, im Verbund mit einer ESX-Steuerung dedizierte Aufgaben.
In der BiG X Feldhäcksler-Familie der Fa. Krone kommt ein komplexes Steuerungskonzept zum Einsatz. Dabei verbinden mehrere Bussysteme die unterschiedlichen Steuerungen und E/A-Einheiten. Ein Bussystem stellt dabei jeweils funktionale Domänen wie „Motor-Bus“ oder ISOBUS dar. Um über die Bussegmente hinweg kommunizieren zu können, fungieren einzelne Steuerungen naturgemäß als Gateway. In diesem Fall werden nur die Daten in das nächste Bussegment weitergeleitet, die dort auch wirklich für Steuerungsaufgaben benötigt werden. So wird unnötiger Datenverkehr verhindert und die Leistung des Gesamtsystems gesteigert. Das Motorbrücken-Modul ESX-MBC, das im Krone BiG X 480 und 580 als E/A-Slave unter dem Namen KMB fungiert, ist zusammen mit der ESX-Steuerung dem „Aux Bus“ zugeordnet. Sowohl das ESX-MBC, als auch die ESX-Steuerung wurden nach Anforderungen der Fa. Krone von STW entwickelt.
Das Motorbrücken-Modul
Das ESX-MBC verfügt als Slave-Modul über eine CANbus Schnittstelle. Der CANbus wird als physikalisches Bussystem zur Kommunikation zwischen der Steuerung und den ESX-MBC Motorbrücken-Modulen mit 29 Bit-Identifiern genutzt und bietet Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 1 Mbit/s. Als übergeordnetes Protokoll wird SAE J1939 verwendet, das bei Nutzfahrzeugen für den Austausch von Diagnose- und Steuerdaten häufig zum Einsatz kommt. Das von STW auf der ESX-MBC implementierte SAE J1939 Protokoll unterstützt sowohl standardisierte als auch proprietäre Parameter Group Numbers (PGN) und Suspected Parameter Numbers (SPN). Es wird auf dem 32 Bit-Controller STM32F205 des ESX-MBC abgearbeitet. Dieser Controller verfügt über 128 kByte SRAM und 1 Mbyte Flash-Speicher und bietet dadurch Platz für weitere Funktionen, die komplett von STW implementiert wurden. Von der ESX-Steuerung erhält das ESX-MBC die Befehle zur Einstellung der vier PWM-Halbbrücken, welche die zentrale Funktion des Motorbrückenmoduls abbilden.
Die vier PWM-Halbbrücken mit PWM-Frequenzen von bis zu 20 kHz sind in zwei Gruppen angeordnet und können damit zu zwei Vollbrücken zusammengefasst werden. Da jede Halbbrücke über einen
10 A Ausgang verfügt, lassen sich Elektromotoren oder Aktoren im Leistungsbereich bis ca. 200 Watt ansteuern. Die Ausgänge sind kurzschlussfest und diagnosefähig, so dass deren Zustände über den CANbus an die ESX-Steuerung zurückgemeldet werden können. Jeweils 2 Halbbrücken und ein
4A-Digitalausgang sind an einen Versorgungspfad angeschlossen, welcher über ein zusätzliches Halbleiter-Sicherheitsrelais abgeschaltet werden kann. In jedem Versorgungspfad ist eine Strom- und Spannungsmessung vorgesehen und eine Überlast- / Überspannungserkennung realisiert.
Da ein ESX-MBC an unterschiedlichen Positionen des Häckslers auch verschiedene Aufgaben ausführt, verfügt es über einen Modul-Identifikationseingang. Durch Beschalten mit Widerständen unterschiedlicher Größe weist die Software dem Modul eine eigene „Source“ Adresse zu, anhand derer die ESX-Steuerung die Aufgabe des Moduls erkennen und steuern kann. Darüber hinaus verfügt das ESX-MBC über einen 200 mA Digitalausgang, der wieder kurzschlussfest und diagnosefähig ist. Ein im Bereich 5 V bis 12 V per Software einstellbarer Festspannungsausgang dient der Sensorversorgung. Vier Multifunktionseingänge lassen sich per Kommando als Digital-, Drehzahl-, Spannungs- oder Stromeingang frei konfigurieren. Schließlich steht eine Temperaturmessung für den Controller und das gesamte ESX-MBC zur Verfügung. Auch diese Funktionen des ESX-MBC Moduls sind über das J1939 Protokoll adressierbar.
Die große Stärke des Moduls liegt also in der Kombination von Intelligenz und dem Schalten von großen Strömen. Die Möglichkeit, das ESX-MBC in gleicher Hard- und Softwareausführung flexibel für unterschiedliche Funktionen einsetzen zu können, sowie kontinuierlich über den Zustand informiert zu sein, lässt große Freiheitsgrade beim Systementwurf zu. Hinzu kommt die Vereinfachung der Logistik. Zusätzlich entspricht das Modul den Normen der Landmaschinen-, Baumaschinen und KFZ-Industrie, wozu gerade Schock- und Vibrationsfestigkeit gehören. Das ESX-MBC bietet Wasser- und Staubdichte gemäß IP67, ist natürlich für einen Temperaturbereich von -40°C bis +85°C ausgelegt und verfügt schließlich über einen mobiltauglichen Stecker, um einen unkomplizierten Einbau zu gewährleisten. Die ESX-MBC dient so der Erweiterung der Anzahl von E/As, wodurch Einsparungen durch geringere Verkabelung von Sensoren und Aktoren erreicht werden. Genutzt wird die Motorbrücke zum Beispiel, um die Vorgaben einzelner Bundesländer hinsichtlich unterschiedlicher Achslasten für das Straßennetz zu erfüllen: Die Feldhäcksler BiG X 480 und 580 können auch als 3-achsiges Fahrzeug realisiert werden. Im Feldeinsatz wird die dritte Achse nicht benötigt und wird hydraulisch angehoben. Die Ansteuerung der Ventile erfolgt über die ESX-MBC.
Weiter kommt die ESX-MBC zur Regelung von Rechts- und Linkslauf von Elektromotoren zum Einsatz. Diese stellen eine perfekte Verstellung der Gegenschneide zur Messertrommel sicher, was zu einer hochwertig erzielten Häcksellänge und Schnittqualität des Ernteguts führt. Durch den dezentralen Aufbau mit ESX-MBC werden auch weitere Optionen wie zusätzliche Hydraulikfunktionen oder beispielsweise die Ansteuerung der Siliermittelanlage, realisierbar.
Motorbrücke als Teil der Gesamtlösung / Funktionen der Zentralsteuerung
Das ESX-MBC ist aber eben nur ein Teil in einem weit größeren Steuerungsverbund. Nicht nur dieses Modul stellt eine Neuentwicklung dar. Für die neu zu entwickelnden Baureihen von Feldhäckslern, den BiG X 480 sowie den Big X 580, wurde auf Grund der erweiterten Anforderungen auch ein neuer, leistungsstarker Zentralrechner benötigt. Die Fahrzeuge verrichten komplexe Aufgaben, wie das Aufnehmen des Ernteguts und die Verarbeitung und die Weitergabe an ein Ladefahrzeug. Hierfür verrichten bis zu 20 Steuergeräte ihre Arbeit in den Systemen. Die Koordination fast aller dieser Steuerungen übernimmt der KMC 200, der in Zusammenarbeit der Fa. Krone und STW entwickelt wurde. Der Konzeptidee in 2010 folgte der Projektstart mit einer straffen Planung für die ersten Prototypen, die bei der Maisernte 2011 eingesetzt und getestet werden sollten.
Neben den technischen Anforderungen an Leistungsfähigkeit und Schnittstellen wurde besonderes Augenmerk auf Robustheit, Ausfallsicherheit und Skalierbarkeit gelegt. STW als Spezialist für Lösungen für mobile Arbeitsmaschinen hatte zu diesem Zeitpunkt die ESX-3XL bereits im Markt etabliert. Bei Gesprächen zwischen den Spezialisten beider Firmen wurde sehr schnell festgestellt, dass die ESX-3XL schon eine ideale Hardware-Plattform darstellt, die durch wenige Modifikationen auf die exakten Anforderungen von Krone angepasst werden könnte. Diese Anpassungen betrafen unter anderem Schnittstellen für NAMUR Sensoren und zwei 10A-Halbbrücken-Ausgänge. Zudem ist nun zu allen Sensoren / Aktoren eine Hin- und Rückleitung vorgesehen. Die Steuerung ESX-3XL war durch ihr Konzept, das bereits einen Speicherschutzmechanismus vorsah, durch ihr Design, durch den Entwicklungsprozess, sowie durch entsprechende Dokumentation und Tests bereits nach SIL2 (IEC61508) und PLd (ISO 13849) zertifiziert. Da es sich um eine sicherheitsrelevante Anwendung handelt, stellte dies eine sehr gute Voraussetzung für die Anwendung der für den Traktoren, Land- und Forstmaschinen relevanten Norm ISO 25119 dar.
Ebenfalls positiv wurden die hohen Qualitäts- und Fertigungsrichtlinien bei STW wahrgenommen. Herrn Horstmann, Bereichsleiter Elektronik bei Krone, überzeugte zudem der Gesamteindruck, den STW nach einem Besuch hinterließ: „Für die Firma Krone war es besonders wichtig, in STW ein Unternehmen zu finden, das neben hoher technischer Kompetenz auch partnerschaftlich orientiert ist und langfristig denkt und handelt. STW kennt unseren Markt und agiert hier seit jetzt 30 Jahren erfolgreich. Daher fiel unsere Wahl auf STW als Entwicklungs- und Fertigungspartner für die neue Steuerung KMC 200 und das dazugehörige Motorbrückenmodul.“ Nachdem sich Krone im Jahr 2010 für die Zusammenarbeit mit STW entschlossen hatte, arbeiteten schließlich vier Firmen unter der Führung der Fa. Krone an der Verwirklichung des Projekts. STW fiel dabei neben der Anpassung der Hardware auch die Anpassung des BIOS für den 32 Bit TriCore-Controller der ESX-Steuerung zu, die schließlich den Namen KMC 200 erhielt. Um den Leistungs- und Echtzeitanforderungen gerecht zu werden, wurde die Programmierung in der Sprache „C++“ durchgeführt. Bei Krone waren schließlich bis zu zehn Entwickler in dieses Projekt involviert. Neben der Entwicklung einer neuen Maschine sowie einer neuen Software, gehörte die Koordinierung der vier Partner zu den Aufgaben. Dies waren außer Krone und STW die Firma HighTec als Anbieter des zertifizierten Betriebssystems PXROS, sowie die Brunel GmbH als Entwicklungs-Dienstleister. Die enge Zusammenarbeit war nötig, um die vielen Steuerungsfunktionen korrekt integrieren zu können. „Wir steuern und regeln mit dem KMC heute Häckselaggregat, Schleifeinrichtung, Einzug, Vorsatz, Auswurfbogen, Corn-Conditioner und Siliermittelanlage – um nur einige zu nennen. Ebenso werden Zählerstände erfasst, Füllstände und Filter überwacht.“, führt Herr Horstmann dazu aus.
Wichtiger Bestandteil des Entwicklungsprozesses ist auch der Prüfzyklus, in dem zunächst die einzelnen Softwaremodule, welche die unterschiedlichen Funktionen abbilden, getestet werden. Es folgt der Test der Applikation auf den Steuergeräten im automatisierten Hardware- und Software Integrationstest. Hierauf setzt schließlich der Systemtest der Gesamtsoftware auf einer Maschine auf. Daran schließt sich sowohl die EMV-Erprobung im Testlabor, als auch die Erprobung auf Versuchsmaschinen im realen Feldeinsatz an. Nach der Prototypenphase und dem Einsatz bei der Maisernte 2011, konnte die Entwicklung des KMC 200 bis zur Agritechnica 2013 abgeschlossen werden. Dort erfolgte die erste Vorführung und Serieneinführung der modernen Feldhäcksler BiG X 480 und Big X 580, in denen neben dem KMC 200 auch bis zu vier ESX-MBC Motorbrückenmodule zum Einsatz kommen. Markus Müller, Projektmanager bei STW, war von Beginn an für die beiden Entwicklungen verantwortlich: „Wir haben bei STW vor allem die gute Zusammenarbeit mit dem Krone-Team geschätzt. Dies hat enorm dabei geholfen, in dem relativ kurzen Zeitraum zwei Produkte dieser Komplexität in den Serieneinsatz zu bringen.“
Award und Ausblick
Da längerfristig der Einsatz in weiteren Maschinen geplant ist, ist die Entwicklung noch nicht abgeschlossen. Der erste große Meilenstein wurde aber erreicht. Aufgrund des Konzeptes, das eine Verteilung der Aufgaben in der Systemarchitektur vorsieht, bedeutet dies Wiederverwendbarkeit der Komponenten sowohl auf Hardware-, als auch auf Softwareebene. Der Einsatz des KMC 200 als zentrale Steuerung und des ESX-MBC Motorbrückenmoduls als dediziertes und dennoch flexibles Slave-Modul, haben sich heute schon bewährt. Weniger als zwei Jahre nach der Serieneinführung der BiG X Feldhäcksler durfte STW den Supplier Award als bester Lieferant der Kategorie Elektronik durch die Fa. Krone in Empfang nehmen.