Große Landmaschinen erhöhen die Kapazität im Ackerbau, verursachen aber auch Bodenverdichtung auf Kosten der Erntemenge und Qualität. Sieben niederländische Ackerbauern begaben sich auf die Suche nach einer Lösung für dieses Problem. Gemeinsam schafften Sie eine niederländische Innovation. Mit der Machinefabriek Boessenkool, Wissels Techniek und Van Ham Organisation & Consultancy haben sie den Multi Tool Trac entwickelt. Der Multi Tool Trac ist ein elektrisch angetriebener Schlepper für die effiziente und nachhaltige Landwirtschaft. Der Systemschlepper reduziert die Arbeit des Landwirtes und steigert den Ertrag.
Das Fahrzeug
Multi Tool Trac ist ein Geräteträger mit einem kompletten elektrischen Antriebs-Strang und einem modernen 6-Zylinder-Dieselmotor mit 140 kW (185 PS) als Range Extender. Der Diesel treibt einen STW-powerMELA C 140kW Generator an, der den Antrieb und alle On-board Verbraucher versorgt. Die Fa. Sensor-Technik Wiedemann GmbH (STW) liefert seit Jahren Komponenten für mobil elektrischen Hybridsysteme. „Der Multi Tool Trac ist der erste elektrische Systemschlepper, der die landwirtschaftlichen Arbeiten erleichtert, nachhaltig gestaltet und der die natürliche Bodenbeschaffenheit “in optima forma” erhält“, referiert der Geschäftsführer Paul van Ham.
Für Arbeiten bis zu einer halben Stunde im Feld wird eine 30kW/h Traktionsbatterie zugeschaltet. Die moderne Li-Ionen-Batterie kann die Leistung des kompletten Antriebs für wenige Minuten verdoppeln und verhilft dem Fahrzeug zu erhöhter Schubkraft. Die vier gleich großen Räder werden mit je einem elektrischen Radnabenmotor und einem Untersetzungsgetriebe angetrieben. Ein permanent erregter Synchronmotor verfügt jeweils über eine Dauerleistung von 22 kW und kann mit einer maximalen Leistung von 44 kW antreiben. Mit einem Joystick lenkt der Fahrer bei jeder Situation die Maschine mühelos und kann somit alle anfallenden Arbeiten exakt ausführen. Alle vier Räder sind lenkbar. Dies ermöglicht einen besonders kleinen Wendekreis.
Alle handelsüblichen Anbaugeräte können an drei Anbauräumen (Heck, Front und zwischen den Achsen) an den sehr langen Rahmen und in Blickrichtung des Fahrers angebaut werden. In der Mittelposition können daher mögliche Nacken- oder Rückenschmerzen beim Fahrer vermieden werden, da ein Prüfen der Anbaugeräte durch häufiges Umdrehen nicht erforderlich ist. Ein einzigartiges variables Fahrgestell ermöglicht eine Veränderung der Spurbreite zwischen 2,25 und 3,25 m und steigert damit die Effizienz auf dem Acker und die Sicherheit auf engen Landstraßen.
Nachhaltige Bodenbearbeitung
Um das Beste aus dem fruchtbaren Boden zu machen, ist das Fahrzeug mit dem Bodenbearbeitungsverfahren «Controlled Traffic Farming» CTF ausgelegt. Bei CTF wird jedes Jahr exakt dieselbe Fahrspur genutzt. Die präzise GPS-Lenkung (RTK-Unterstützung) hält den Traktor immer auf der gleichen Spur auf dem Feld, was für optimale Bodenschonung sorgt und die Bodenverdichtung minimiert. Der unbefahrene Boden bleibt in einem lockeren Zustand. Dies wiederum sorgt für ein optimales Pflanzenwachstum und hohe Profitabilität.
Technische Daten:
- Elektroantrieb mit 4 x 22 kW Nennleistung und 4 x 44 kW Maximalleistung
- Batterie/Akku Kapazität: 30 kWh
- Range-Extender: moderner Sechszylinder-Dieselmotor mit 140 kW (185 PS) mit einem effizienten powerMELA-Generator mit hoher Drehzahl.
- Lenkung: voll elektronische Lenkung mit GPS-RTK, vorbereitet für autonomes Fahren
- Geräte: 3 vollwertige Anbaupositionen für Dreipunktaufhängung und Zapfwelle
- 4 angetriebene Räder für engen Wenderadius und optimale Traktion unter allen Bedingungen
- Kabine: stufenlos hin und her verstellbare Kabine ermöglicht zwei zusätzliche Aufbauräume.
- Spurverstellung on-the-fly, einstellbar zwischen 2,25 bis 3,25 Meter
Radstand 5,50 Meter - Nutzlast: 5 Tonnen
Kraftstoffverbrauch
"Im Vergleich zu einem normalen Traktor können wir mit dem Multi Tool Trac 20 Prozent Kraftstoff einsparen", schätzt Geschäftsführer Paul van Ham. Dies wird ermöglicht durch das intelligente Powermanagement. Durch die verschiedenen Betriebsarten kann der Traktor emissionsfrei arbeiten. Die Batterie speist das komplette Antriebssystem. Wenn die Batterie leer ist oder mehr Leistung benötigt, wird der Dieselmotor mit Generator zugeschaltet. Der Dieselmotor wird im optimalen Wirkungsgradkennfeld mit möglichst niedriger Drehzahl betrieben. Er dient nur dazu, die notwendige Energie für das Fahrzeug bereitzustellen. Dabei ist er mechanisch völlig entkoppelt und es besteht keine direkte Abhängigkeit von der Dieselmotordrehzahl, der Fahrgeschwindigkeit und dem Zapfwellenantrieb. Dietmar Schrägle von STW ergänzt: „Der elektrische Antrieb mit seinem deutlich besseren Wirkungsgrad als der konventionelle Antriebsstrang eines Traktors, senkt die Energiekosten, reduziert die Emissionen und ist ein direkter Beitrag zum Umweltschutz.“
Tanken aus der Steckdose
Die Nutzung von Wind, Sonne und Biomasse zur Energieversorgung stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Als Energieerzeuger nimmt die Landwirtschaft mehr und mehr eine Schlüsselstellung ein. Ein elektrischer, Batterie betriebener Schlepper, der Strom aus regenerativen Energiequellen nutzt, entlastet die Umwelt und das Klima. Besonders effizient ist es, wenn der erzeugte Strom vor Ort verbraucht wird anstatt dass dieser über lange Netzleitungen abgeführt werden muss. Zukünftig ist auch denkbar, dass der Traktor als flexible Energiezentrale für den landwirtschaftlichen Betrieb dient. In Zeiten, in denen der Traktor nicht arbeitet, könnten beispielsweise Melkmaschinen und Kühlaggregate aus der Batterie versorgt werden.
Markteinführung
Die beiden bis jetzt gebauten Multi Tool Trac sind derzeit bei den Landwirten des Konsortiums in den Niederlanden im Einsatz. Nach erfolgreichen Feldtests wird das Fahrzeug zur Erfüllung zusätzlicher Anforderungen um neue Features erweitert. Der erste erschwingliche Elektroschlepper ist zwar teurer als ein herkömmliches Fahrzeug. „Durch die vielen neuen Funktionalitäten, den höheren Ertrag bei der Ernte und die Kraftstoffeinsparung, wird sich diese Investition aber umgehend amortisieren“, schwärmt Paul van Ham.